Wissensexkursion Permakultur, Teil 8.

Die ersten sechs von David Holmgren formulierten Permakulturprinzipien betrachten Systeme aus der inneren Per­spektive von Elementen, Organismen und Individuen. Die nun folgenden sechs Prinzipien lenken den Blick von außen auf Grundmuster und Beziehungen, die durch Selbstorganisation und Co-Evolution in Systemen entstehen.

Dauerhaftes Beobachten, um die großen Muster und die Details wahrnehmen zu können, ist die Grundlage jedes Verstehens. Die erkannten Muster und Details seien die Quelle für Kunst, Wissenschaft und Gestaltung, fasst Holmgren zusammen.
Muster sind Formen, die die meisten Menschen verstehen und sich merken können. Wir beobachten sie in Natur und Gesellschaft. Das Symbol für dieses Prinzip ist eine Spinne, die in ihrem Radnetz sitzt – ein gutes Beispiel für ein Muster in der Natur: Das Grundprinzip ist klar, aber die Details variieren von Netz zu Netz.

Ein Muster, das von Permakulturgärtnern wohl am häufigsten angewendet wird, ist der Wald- bzw. in unseren Breiten der Waldrandgarten. Hier dient der natürliche Wald mit seiner Struktur aus hohen und niederen Bäumen, großen und kleinen Sträuchern, Kräutern, Gräsern, Boden­deckern und Zwiebelpflanzen als Vorbild für den Aufbau eines vielfältigen Gartensystems. Dem liegt die Beobachtung zugrunde, dass in vielen Regionen mit mittelmäßig bis viel Regen – insbesondere in steilen Hochlagen – Wälder die vorherrschenden und damit die am besten an die Gegebenheiten angepassten Ökosysteme sind.

Das siebte Permakultur-Prinzip erinnert uns daran, den Blick für das große Ganze nicht zu verlieren, wenn wir uns den Details widmen. Hilfreich bei der Gestaltung eines Grundstücks oder Hofs ist etwa die Arbeit mit Zonen und Sektoren. Zonen sind in der Permakultur um ein Zentrum (»Zone Null« – meist das Wohnhaus) angeordnete Bereiche mit unterschiedlichen Aufenthalts- bzw. Nutzungsintensitäten. Je näher am Zentrum, desto effizienter und intensiver ist unsere Landnutzung.
Bei der Zonierung ordnen wir die Elemente unseres Grundstücks entsprechend ihrem Bedarf an Aufmerksamkeit, Pflege und Besuchshäufigkeit an. Beispielsweise kommen der bewässerte Gemüsegarten und das Gewächshaus in Zone 1 nah ans Haus, Hühnerstall, Gehege und Beerensträucher in Zone 2 etwas weiter weg, Obstbäume, Schafweide und Teich in Zone 3 usw.
Die Sektoranalyse hilft uns, bewusst zu betrachten, welche Einflüsse in welchen Bereichen von außen auf unseren Bezugspunkt – etwa das Wohnhaus – eintreffen. Wir beobachten, aus welchen Richtungen Sommer- und Wintersonne einstrahlen, woher kalte oder warme Winde wehen, woher Feuer oder Hochwasser drohen …

Den vom Menschen geschaffenen Mustern, also wiederkehrenden Problemlösungen, widmete sich der amerikanische Architekt Christopher Alexander – insbesondere in Architektur und Städtebau, in denen Erfahrungen aus jahrhundertelanger Anwendung stecken. Sein Ziel war es, zu ergründen, wie schöne Gebäude entstehen, die Lebendigkeit und Wohlbefinden befördern, denn in dem Maß, wie unsere Umgebung Stress erzeugt oder abbaut, hat sie Einfluss auf die menschlichen Qualitäten.
Ein einfaches Muster heißt etwa »Licht von zwei Seiten«: Jeder Raum sollte Licht von Fenstern in zwei Wandflächen bekommen. Dadurch würden sich die Gesprächspartner gut sehen und könnten alle Signale auch nonverbaler Kommunikation erkennen. So verbesserte Bedingungen könnten Stress vermeiden. (Mit »Eine Muster-Sprache« wurde ein Buch aus Christopher Alexanders bemerkenswertem Werk ins Deutsche übersetzt.)

Quelle
Oya – anders denken. anders leben, Ausgabe 24
http://www.oya-online.de/article/read/1219-gestalte_vom_muster_hin_zum_detail.html

Autor
Ulrike Meißner
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Kategorien: Humusrevolution