Die Ernährungssouveränitätsbewegung auf dem Vormarsch in Osteuropa
Cluj-Napoca, 31. Oktober
Der Kampf gegen industrielle Landwirtschaft und für eine gerechte und nachhaltige Zukunft kleinbäuerlicher Landwirtschaft hat diese Woche einen großen Schritt nach vorne gemacht. Nun findet das bisher größte Europäische Forum für Ernährungssouveränität seinen Abschluss. [1]
Nach fünf Tagen voller Diskussionen wurde das Fundament gelegt, um uns unsere Lebensmittelsysteme zurückzunehmen, sie zu relokalisieren und Ernährungssouveränitäts-Plattformen über den gesamten Kontinent hinweg zu vervielfältigen. Das geschah mit Teilnehmer*innen aus mehr als 40 Ländern, die sich beim zweiten Europäischen Nyéléni Forum für Ernährungssouveränität getroffen haben. Präsent waren eine große Vielfalt von Menschen, die Teil des Ernährungssystems sind: darunter Bäuer*innen, Arbeiter*innen aus der Landwirtschaft und dem Lebensmittelbereich, Gewerkschafter*innen, Forscher*innen, Aktivist*innen, Fischer*innen, Hirt*innen, Indigene Gruppen, Konsument*innen, und Verfechter*innen der Menschenrechte.
Eine große Leistung des Forums bestand in der gegenseitigen Annäherung zwischen Osteuropäischen und Zentralasiatischen Organisationen mit den Westeuropäischen Gegenübern.
Ramona Duminicioiu von Eco Ruralis, der Rumänischen Gastgeberorganisation, sagt: “Die meisten Länder in Osteuropa sind wie Rumänien: sie haben eine große und dynamische, aber gleichzeitig verletzliche Kleinbäuer*innenpopulation, die von Land Grabbing und billigen Landinvestitionen aus globalem Kapital bedroht ist. Während dieser Woche haben wir den kollektiven Kampf begonnen und die Koordination der Ernährungssouveränitätsbewegung in Westeuropa gestärkt. Wenn die Bewegung in Osteuropa und Zentralasien stark ist, ist sie auch in Europa als Ganzes stark.”
Die Annäherung in Cluj-Napoca hat zur Entstehung gemeinsamer Pläne für Ernährung und Landwirtschaft geführt, in denen agrarökologische Landwirtschaftsmodelle gefördert werden sollen.
Jocelyn Parot, Generalsekretär von Urgenci, sagt: „Millionen von Konsument*innen in Europa unterstützen alternative Landwirtschaftsmodelle, die auf Agrarökologie basieren: sie vereinigen sich mit Kleinbäuer*innen im Kampf um demokratische Kontrolle über Nahrungsketten. Sie fordern eine Veränderung der staatlichen Politik, welche ihre Initiativen unterstützen sollte, anstatt auf destruktive, kommerzielle Gebote zu drängen. Dieses Forum war ein wichtiger Schritt für Verbraucherorganisationen, um Strategien innerhalb der Ernährungssouveränitätsbewegung zu entwickeln.”
Um die zerstörerische Ausbeutung durch industrielle Lebensmittelsysteme zu Fall zu bringen, wurden vom Forum mehrere Schlüsselaktionen entwickelt. Darunter sind Strategien für gerechte und gleiche Rechte für landwirtschaftliche Arbeiter*innen – besonders migrantische Arbeiter*innen – eine staatliche Politik, die Ressourcen (darunter Land, Wasser und indigene Besitzrechte) in die Hände der lokalen Bevölkerung legt, anstatt in die der Unternehmen; Lebensmittelverteilungssysteme, bei denen lokale, nachhaltige Lebensmittel an erster Stelle stehen; das Drängen auf ein völkerrechtliches Abkommen der UN um Unternehmen und Menschenrechte zu regulieren [2]; und Strategien für eine inklusivere Bewegung die marginalisierte Gruppen repräsentiert. Zentral für diese Aktionen ist Agrarökologie, ein radikal lokaler, inklusiver und nachhaltiger Ansatz für Landwirtschaft. [3]
Untypisch für Diskussionen um Ernährungspolitik, wurden auch Krieg und seine Folgen angesprochen, wobei die türkische Delegation angemerkt hat, dass es entscheidend sei, für Frieden einzustehen. [4]
Ali Bulent Erdem von Ciftci-Sen, dem kleinbäuerlichen Gewerkschaftsbund in der Türkei, sagt: “Krieg zwingt Menschen ihre Felder, ihre Häuser, ihre Lebensgrundlage zu verlassen. Die Flüchtlingskrise in der Türkei und Europa ist Folge des Krieges. Als Verfechter*innen von Ernährungssouveränität kämpfen wir für die Rechte von Geflüchteten und heißen sie bei uns willkommen. Es ist entscheidend für den globalen Kampf um Ernährungssouveränität, für Frieden einzustehen.“
In Opposition zu wachsendem Nationalismus in Europa, sind wir aus Ländern von Osten nach Westen zusammengekommen um uns zusammenzuschließen. Mitten in den Verhandlungen um schädliche Freihandelsabkommen, wie den kürzlich unterschriebenen CETA-Vertrag zwischen der EU und Canada, der eine Bedrohung für die Existenz der Kleinbäuer*innen darstellt, halten wir zusammen – mit Ernährungssouveränität im Zentrum unserer Zusammenarbeit.