Studie zum Vorkommen von hormonell wirksamer Substanzen in Nachrungsmitteln vom Pestizidaktionsnetzwerk vorgelegt

Eine Auswertung der behördlichen Lebensmittelüberwachungs-Daten von 2011 – 2014 beweist: Verbraucherinnen und Verbraucher sind seit Jahren hormonschädlichen Pestizidrückständen in nicht zu vernachlässigbaren Mengen ausgesetzt.

Dies zeigt ein Hintergrundpapier zur Auswertung der behördlichen Lebensmittelüberwachungs-Daten von 2011 – 2014 durch das Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN Germany), das am 16.12.2016 vorgestellt wurde.

Die Umweltorganisation plädiert für einen besseren Schutz der Bevölkerung vor Hormongiften und fordert deshalb ein klares Veto der Bundesregierung gegen die aktuellen Bestrebungen der EU-Kommission, die rechtlichen Schutzstandards wieder abzuschwächen.

Rund 18% der zwischen 2011 und 2014 untersuchten Lebensmittelproben weisen Rückstände von 29 hormonschädlichen Pestiziden auf, in 6% der Proben konnten Mehrfachrückstände der sog. endokrine Disruptoren (EDCs) festgestellt werden. Rückstände von weiteren 96 Wirkstoffen, die zumindest unter Verdacht stehen, schädlich auf das Hormonsystem von Mensch und Tier einzuwirken, wurden in 23,8% der untersuchten Proben nachgewiesen. In vielen Lebensmittel/Stoff-Kombinationen übersteigen die Rückstandswerte den Wert von 0,01 mg/kg. Dieser Wert markiert die „vernachlässigbare Exposition“ von EDCs über den Verzehr von Lebensmitteln. Nach der Pestizid-Verordnung von 2009 ist die Verwendung von EDCs generell verboten, es sei denn, ihre Exposition ist für Verbraucher, Anwender und Umwelt vernachlässigbar. Allerdings greift diese Regelung noch nicht, denn es fehlt noch immer ein regulatives Verfahren zur Identifizierung von EDCs.

Am 21.12.2016 soll in Brüssel voraussichtlich über einen entsprechenden Kommissionsvorschlag abgestimmt werden, der auf massive Kritik von Umwelt- und Verbraucherverbänden wie PAN, Wissenschaftlern und mehreren Mitgliedsstaaten wie Frankreich und Schweden stößt. Kritisiert werden die sehr hohen Hürden zur Einstufung einer Substanz als EDC, aber auch der Versuch der EU-Kommission, die Schutzstandards der Pestizid-Verordnung drastisch zu senken. So soll u.a. der Vorsorgewert einer vernachlässigbaren Exposition gestrichen und durch eine klassische Risikoabschätzung ersetzt werden.

„Die reale Gefahr von Mehrfachrückständen wird in der üblichen Risikoabschätzung gar nicht berücksichtigt“, kritisiert PAN-Germany Expertin Susanne Smolka. „Unsere Auswertung zeigt, dass EDCs in vielen verschiedenen Lebensmitteln als Rückstände und als Mehrfachrückstände nachzuweisen sind. Die Verbraucher müssen endlich wirksam geschützt werden. Deshalb erwarten wir von der Bundesregierung, dass sie keine Vorschläge unterstützen, die die gesetzlich festgeschriebenen Schutzstandards und das Vorsorgeprinzip derart bedenklich absenken“, so Smolka.

EDCs können bereits in sehr geringen Dosierungen in das empfindliche Hormonsystem von Mensch und Tier eingreifen. Besonders Kinder und Schwangere sind gefährdet. Verschiedenste gesundheitliche Schäden wie Fortpflanzungsstörungen, Unfruchtbarkeit, Fehlbildungen der Geschlechtsorgane, Brust-, Prostata- und Hodenkrebs, Verhaltens- und Entwicklungsauffälligkeiten bei Kindern oder chronische Erkrankungen wie Diabetes werden mit der Exposition gegenüber hormonell wirksamen Substanzen in Verbindung gebracht.

Kontakt:
Susanne Smolka, susanne.smolka@pan-germany.org, Tel: 040 399 19 10-24, 0176 / 78587727

Zum Hintergrundpapier sind folgende weitere Dokumente verfügbar:

ANLAGE 1: Rückstände potentieller EDCs

ANLAGE 2: Potentielle EDCs und Metabolite

ANLAGE 3: Rückstände potentieller EDCs

Kategorien: Studien