Das Bundesinstitut für Risikobewertung übersieht Krebseffekt von Glyphosat in Mäusestudie

Eine Analyse des Pestizid Aktions-Netzwerks e.V. (PAN Germany) zeigt, dass eine von der Industrie durchgeführte Krebsstudie mit Glyphosat an Labormäusen einen signifikanten Anstieg der Tumorhäufigkeit aufweist, den das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) offenbar übersehen hat.

Das BfR nimmt für sich in Anspruch, dass es „Fehler und Redundanzen“ in dem von der Industrie
eingereichten Dossier zur Neubewertung von Glyphosat im Rahmen der EU-Wirkstoff-Prüfung
korrigiert und eine eigene Bewertung durchgeführt hat.

Die Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ durch die WHO-Agentur für Krebsforschung (IARC) im März 2015 führte zu einer Kontroverse, denn das BfR vertritt die Ansicht, dass von Glyphosat keine Krebsgefahr ausgeht. Dabei stützt sich das BfR darauf, dass in den von der Industrie durchgeführten Langzeitstudien an Mäusen angeblich keine relevanten Hinweise auf Krebsverursachung ermittelt wurden. Konkret geht es um die Häufigkeit bösartiger Lymphome bei vier Experimenten, die zwischen 1993 und 2009 durchgeführt wurden.
In einer dieser Langzeitstudien kam es zu einem gehäuften Auftreten dieses Tumortyps. Da in der Studie die Lymphome aber auch bei unbehandelten Tieren beobachtet wurden, wenngleich weniger häufig, misst das BfR den Ergebnissen wenig Bedeutung bei. Die erhöhte Tumorrate sei „eindeutig“ auf diesen Mäusestamm und diese eine Studie begrenzt. In den anderen validen Studien sei der Effekt nicht reproduzierbar gewesen, so das BfR.

Dabei hat das BfR offenbar ungeprüft die Interpretation der Industrie übernommen, kritisiert PANGermany. Doch bei einer der Studien, die angeblich ohne Effekt waren, wurden dosisabhängig bösartige Lymphome diagnostiziert, während in der Kontrollgruppe kein einziges Mal Lymphome auftraten. Laut Industrie sind diese Beobachtungen zufälliger Natur, da sie sich nach ihren Berechnungen mathematisch-statistisch nicht absichern ließen. „Wenn man jedoch der ausdrücklichen Empfehlung der OECD zur mathematisch-statistischen Auswertung von Krebsstudien folgt, die mit ihren Guidelines den „Gold Standard“ für die Testung von Chemikalien und Pestiziden liefert, zeigt sich ein hochsignifikanter, dosisabhängiger Trend für eine erhöhte Tumorrate“, stellt der Toxikologe Dr. Peter Clausing fest, der für PAN Germany die vorliegenden Studien bewertet hatte.
Als die Industrie ihre Studie auswertete, gab es die entsprechende, im Jahr 2012 veröffentlichte Empfehlung der OECD noch nicht. Doch das BfR, das für sich in Anspruch nimmt, „die wissenschaftliche Qualität und Evidenz der Studien“ zu bewerten, hättenach Ansicht von PAN Germanydiesen Standard der OECD anwenden müssen. „Die signifikant erhöhte Krebsrate in der zweiten Industriestudie bringt die Gesamtbewertung des BfR, dass von Glyphosat keine Krebsgefahr ausgeht ins Wanken, denn bisher argumentierte die Behörde nach der Devise ‘ein Befund ist kein Befund‘ “, so Dr. Clausing.

Quelle
PAN Germany
http://www.pan-germany.org/download/presse/PI_PANG_Glyphosat_150730.pdf

Autoren
Dr. Peter Clausing, Susanne Smolka